Juni 2015
Ein Stück Riviera am Genfersee
Drei Stunden ging es quer durch die Schweiz in den Kanton Waad, nach Montreux. In dieser Gegend war ich noch nie und ich freute mich, dass ich meinen Mann einmal mehr zu einem Musikanlass begleiten und ein paar freie Tage geniessen konnte. Der erste Eindruck, der erste Blick auf den Genfersee bestätigte, was ich über dieses Städtchen mit seinen knapp 26.000 Einwohnern bereits gelesen hatte.
Nicht umsonst wird diese Gegend ‚Montreux Riviera‘ genannt. Das fast mediterrane Klima lässt Palmen und Olivenbäume wachsen und die Gipfel der Berge, die den See säumen, boten mit ihren teilweise noch schneebedeckten Gipfeln ein schönes Bild.



Im Eurohotel wurden wir freundlich empfangen. Obwohl wir ja immer noch in der Schweiz waren, sprach niemand hier ein Wort Deutsch. OK, es war die französische Schweiz, aber sooo französisch …. Mit Englisch kamen wir aber bestens weiter. Der Einfluss des Jazz Festivals, welches in der nachfolgenden Woche beginnen sollte, machte sich bei den Hotelpreisen bereits deutlich bemerkbar. Nach oben waren keine Grenzen gesetzt und das Eurohotel lag irgendwo im mittleren Bereich.
Das Beste an diesem Hotel war die hervorragende Lage direkt an der Uferpromenade. Ansonsten ist es in die Jahre gekommen und rechtfertigt seinen Preis nicht. Das Zimmer war nicht sehr gross und renovationsbedürftig, das Bad winzig. Vom kleinen Balkon aus hatte man einen wunderschönen Blick auf den See und das Städtchen.



Den ersten Kaffee nahmen wir auf der schönen Terrasse des Restaurants Safran mit direktem Zugang zur Uferpromenade, bevor wir zu einem Spaziergang am See entlang aufbrachen.


Dabei entdeckten wir auch die berühmte Freddy Mercury Statue, die seit 1996 an der Seepromenade steht. Bis dahin hatte ich nicht gewusst, dass der Queen-Sänger lange Zeit in Montreux lebte, in das er sich offenbar nach einer Teilnahme am Jazz Festival verliebte. In Montreux entstand auch sein letztes Album ‚Made in Heaven‘, dessen Cover den Genfersee zeigt.
Die Statue von Freddy Mercury ist immer belagert. Ich schätze, sie ist eines der meist fotografierten Objekte in Montreux.


Die Altstadt von Montreux mit ihren schön bepflanzten alten Häusern und dem überdachten Marktgebäude hat einen gewissen südlichen Charme.




Am Nachmittag ‚besichtigten‘ wir unser Nachbar-Hotel. Das Montreux Palace, in welchem mein Mann am Freitag Abend mit seinen Musiker-Kollegen einen Firmenanlass musikalisch begleiten würde. Dieses wunderschöne Hotel der Belle Epoque aus dem Jahr 1906 ist ein stilvoller, eleganter Luxusschuppen. Wunderbar zum anschauen … die Übernachtungspreise allerdings sind deftig. Ich möchte gar nicht wissen, was es erst kosten würde zur Zeit des Jazz Festivals.
Und … auf der grossen Terrasse an bester Lage bekam man zwar Dessert, aber nicht mal einen Kuchen. Dafür aber eine unheimlich nette Bedienung, die fröhlich ein paar Wörter auf Deutsch auspackte. Sie erklärte uns, im Jazz Café, dass 300 m entfernt auf der anderen Strassenseite sei und ebenfalls dem Hotel angegliedert wäre, bekäme man den besten Käsekuchen der Welt (bei ‚dem Hotel angegliedert‘ hätten mir schon die Ohren klingeln müssen ……). Wir bedankten uns für den Tipp und wollten uns ins Café aufmachen. Die nette Dame wollte uns unbedingt den Weg zeigen (… ich bin sicher, das hätten wir ohne Navi gerade noch geschafft) und liess sich nicht davon abhalten. Auf der Terrasse herrschte gerade Flaute und so begleitete sie uns.

Offenbar hatten hier schon einige Showgrössen viele gelungene Auftritte. Der Käsekuchen war tatsächlich aussergewöhnlich gut und somit fast der beste der Welt, nur noch übertroffen von Jolantas Meisterwerk bei uns im Segler-Vereinsheim. Eines war er aber ganz sicher: der teuerste. Wir zahlten für 2 Stück Kuchen und 2 Cappuchino … festhalten … CHF 43.00. Wie bereits gesagt … mir hätten die Ohren klingeln müssen, als ich erfuhr, dass das Café zum Hotel gehörte. Vielleicht zahlten wir ja noch die Gage von Carlos Santana ab 🙂
Den Abend beschlossen wir bei einem Essen auf unserer eigenen Hotelterrasse und assen wie Gott in Frankreich. Also nicht besonders gut. Wer schon in Frankreich gegessen hat, weiss, was ich meine.
Der kommende Tag war mein Tag und ich startete bei sehr warmen Sommerwetter mein Besichtigungsprogramm, während mein Mann sich dem Aufbau der Musikanlage widmete. Ich hatte geplant, Schloss Chillon anzuschauen. Der Bus dorthin hielt fast vor der Tür des Eurohotel und liess auch nicht lange auf sich warten. Im Hotel stellte man mir noch einen Gutschein aus, mit dem ich an diesem Tag nach Herzenslust Bus fahren konnte. Was ich nicht vorhatte … die Busse hatten keine Klimaanlage.
Schloss Chillon steht auf einer Felsinsel nicht weit von Montreux entfernt. Der älteste Nachweis des Schlosses stammt aus dem Jahr 1150 und es wurde immer wieder aus- oder umgebaut. Dieses Schmuckstück am Genfersee ist wirklich sehenswert. Im Moment sieht es so aus, als würde das Schloss einem Japaner gehören …. offenbar war gerade die ganze Verwandtschaft zu Besuch…




Durch gewundene, oft schmale Gänge ging es treppauf und treppab und schlussendlich wusste man gar nicht mehr, wo genau man jetzt war. Der Ausblick aus den einzelnen schmalen Luken war wunderschön.


Die Räume, Säle und Gänge des Schlosses waren wunderbar renoviert und erhalten.


Der Eintrittspreis beträgt CHF 12.00. Wenn man möchte, stehen Audioguides zur Verfügung.
Das nächste Ziel auf meiner Besichtigungstour war das kleine Dorf Glion, das ca.700m hoch über dem Genfersee liegt. Ich setzte mich vor Schloss Chillon an die Bushaltestelle, wartete auf den nächsten Bus und beschloss, mich beim Fahrer zu erkundigen, wo ich aussteigen muss, um die Standseilbahn nach Glion zu nehmen. Der Bus kam und ich entlockte dem mürrischen Fahrer die richtige Station: Territet Gare, nur ein paar Stationen weiter.
Und da stand sie tatsächlich, die Standseilbahn, die 1883 in Betrieb genommen wurde. Dieses Teil hier ist noch ein Original, allerdings nicht mehr fahrbereit.

Irgendwann in den 70er Jahren erfolgte die Modernisierung. Die alten Wagen wurden durch neue ersetzt. Seither verkehrt die Bahn vollautomatisch alle 15 Minuten, Personal wird nicht benötigt. Sie wird hauptsächlich von Pendlern, die in Glion arbeiten und weniger von Touristen benutzt. Einen Fahrschein zu CHF 5.20 zieht man am Automaten.
Mein Ziel in Glion war das wunderschöne Hotel Victoria. Der Blick von der Terrasse des Hotels musste traumhaft sein, stellte ich mir vor. Das Haus wurde 1869 erbaut, wechselte einmal den Namen und mehrmals den Besitzer. In Glion abgekommen, ging es bei grosser Hitze noch ein Stückchen steile Strasse zum Hotel hinauf. Jetzt hatte ich mir aber mindestens einen Kaffee verdient …
Aber der Ausflug hatte sich gelohnt, der Ausblick und der Garten vom Victoria sind herrlich.



Ich genoss einfach nur diesen sonnigenTag, die Ruhe, das Wetter und den See.
Auf dem Rückweg zur Seilbahn entdeckte ich noch etwas, was von Weitem wie ein verwunschener Garten aussah und sich als ein verlassenes Hotel herausstellte, dessen Park aber offenbar noch von irgendjemandem gepflegt wurde.




Dann ging es mit der Seilbahn wieder hinunter. Ich nahm den nächsten Bus bis Montreux Casino und schlenderte die Uferpromenade entlang zurück zum Eurohotel. Mein Mann erwartete mich dort auf der Terrasse, bevor für ihn der musikalische Arbeitsabend anfing. Ich versprach, am Abend noch kurz im Nachbarhotel vorbei zu schauen. Vielleicht konnten wir in einer Pause noch etwas miteinander trinken.
Die Dusche nach dem heissen Tag war ziemlich nötig 🙂 und anschliessend setzte ich mich noch einen bisschen auf den kleinen Balkon und genoss den Blick über den See. Das Treiben auf der Uferpromenade nahm auch um diese Zeit kein Ende. Touristen genossen den lauen Abend und Handwerker bauten Bühnen und Stände für das Jazz Festival auf. Ich schlenderte gemütlich in den benachbarten Luxusschuppen und traf dort die Frau eines anderen Musikers und wir beschlossen, auf der Terrasse zusammen zu essen.
Ich dachte, ich sei vorgewarnt bezüglich der Preise. War ich auch … deshalb hauten mich die 24 Franken für einen Aperol nur ein bisschen aus den Socken.
Alles in allem war der Aufenthalt in Montreux zwar nicht das günstigste lange Wochenende, aber die Gegend ist wirklich einen Besuch wert und so nahm ich am anderen Tag schöne Erinnerungen mit heim.
Bis zum nächsten Mal, dann aus
St. Petersburg,
Eure Sue